Beverage Fotografie – Getränke gekonnt in Szene zu setzen

Bei der Beverage Fotografie geht es darum, Getränke und Flaschen optisch ansprechend in Szene zu setzen. Getränkehersteller aller Art sind auf solche ästhetischen Werbefotos angewiesen. Doch wie gelingt ein eindrucksvolles Beverage Foto? In diesem Beitrag findest du meine persönliche Anleitung und viele praktische Tipps zu diesem Thema. Natürlich sind diese nicht allgemeingültig. Ich führe lediglich das auf, was sich für mich als praktikabel erwiesen hat und wie mein typischer Arbeitsablauf als Produktfotograf aussieht.

Beverage Fotografie Rose
Mit Fotos Geschichten erzähen: Das ist das Ziel der Beverage Fotografie. (@David Weimann)

Winzer, Bierbrauer, Schnapsbrenner, Limohersteller: Sie alle verbindet eins. Ein Getränk in einer Flasche. Und wenn es um Werbung geht, wollen sie auch alle das Gleiche, nämlich ihr Produkt möglichst ansprechend präsentiert wissen. Doch eine Flasche zu fotografieren klingt einfacher als es ist: Die Beverage Fotografie bringt einige Herausforderungen mit sich.

Die Herausforderungen der Beverage Fotografie

Eine Flasche besteht zumeist aus Glas. Und Glas hat die – für Fotografen unangenehme – Eigenschaft zu reflektieren. Und das nicht nur in eine Richtung wie ein Spiegel, sondern in alle Richtungen. Hier ist es am Fotografen, nicht nur Licht zu setzen, sondern dieses auch zu kontrollieren. Nicht selten sieht mein Set aus, als würde ich ein Raumfahrzeug für die NASA bauen: Überall sind Stative, Klammern, Styropor, Folien und und und… Und das alles nur, um Licht dorthin zu navigieren, wo ich es gerne hätte.

Zudem sind die Flaschen oder Gläser natürlich mit etwas gefüllt. Und die Art der Flasche und deren Füllung hat massive Auswirkungen auf die Gestaltung des Bildes. Wenn ich z.B. eine durchsichtige Ginflasche fotografiere, muss ich vorher wissen, was man durch die Flasche, im Hintergrund, sieht. Fotografiere ich eine Flasche Bier, möchte ich, dass der Inhalt strahlt und verlockend wirkt. Dann gilt es natürlich, den Hersteller zu repräsentieren. Heißt nichts anderes, als das Etikett muss gut zu erkennen sein. Handelt es sich dann noch um eine inszenierte Werbeaufnahme, muss das Bild auch noch ansprechend gestaltet sein. Es gilt also einiges zu beachten.

Die Vorbereitung

Ob im kleinen Heimstudio mit Aufsteckblitzen oder im vollausgestatteten Studio mit Blitzanlage: Es gibt einige Dinge, die man für die Beverage Fotografie benötigt bzw. die einem das Fotografieren der Werbefotos erheblich erleichtern.

Welches Equipment wird für die Beverage Fotografie benötigt?

Meine Materialliste sieht zum Beispiel so aus: Kamera, Blitzanlage mit mindestens 4 Blitzköpfen, diverse Lichtformer, Stativ, Magic Arms, Galgenstative, Klammern, weiße und schwarze Pappen, Styropor, halbdurchsichtiges Plexiglas, Pauspapier, Kartonhintergrund, Aufnahmetische, Glycerin, Mattierungsspray, diverse Spiegel, Monitor und Rechner usw. Was man davon tatsächlich benötigt:

  • eine Kamera
  • einen Blitz
  • einen Tisch
  • weiße Pappe und Pauspapier. Thats it!

Man kann bereits mit minimaler Ausrüstung zu tollen Ergebnissen kommen. Wenn man die Beverage Fotografie allerdings täglich betreibt, sind manche Dinge unumgänglich oder einfach komfortabler.

Entwickle eine Idee für deine Beverage Fotografie

Weiterhin brauchst du ein Konzept. Also einen Fahrplan, der dich schlussendlich ans Ziel bringt. Das heißt, du musst dir im Vorfeld überlegen, wie dein fertiges Bild aussehen soll. Sollte es ein einfacher Freisteller vor weißem Hintergrund sein, ist die Konzeptionierung hier auch schon zu Ende. Möchtest du das Bild inszenieren, musst du wissen, was die einzelnen Bildelemente sind: also welche Requisiten benötigt werden und wie du alles positionierst.

Es kann auch vorkommen, dass die Idee nicht mit klassischer Fotografie umgesetzt werden kann und ich dann den Hintergrund im 3D-Programm entwerfe und das Produkt dann via Photoshop einfüge. Handelt es sich um eine Auftragsarbeit, muss ich zudem dem Kunden vorher (!) vermitteln, wie der finale Schuss aussieht. Das sieht dann so aus, dass ich entweder gebrieft werde oder anhand von Moodboards und Scribble (Skizze) verdeutliche, wo es hingeht. Den Schritt kann ich mir zwar sparen, wenn ich nur für mich fotografiere, aber eine schnelle Skizze macht dennoch Sinn. So kann ich vorab überprüfen, ob alles auch gestalterisch passt.

Die Inspiration oder auch das gedankliche „Draufrumkauen“ ist für mich der größte Teil der Vorbereitung. Handelt es sich um eigene Arbeiten oder der Kunde gibt mir freie Hand, muss ich vorab überlegen: Was repräsentiert das Produkt? Will ich mit meiner Beverage Fotografie eine Geschichte erzählen? Wie kreiere ich eine spannende, poppige, düstere oder fröhliche  Atmosphäre?

Beverage Fotografie blau
Überlege vorab, welche Atmosphäre du kreieren willst und sprich dies unbedingt mit deinem Kunden ab. (@David Weimann)

Das Shooting

Nachdem ich in der Vorbereitung alles unter einen Hut gebracht, kann es auch schon losgehen. In diesem Teil erfährst du, wie ein Beverage Fotografie Shooting typischerweise bei mir abläuft.

Das Set errichten

Zuerst folgt der Aufbau. Meist errichte ich mein Set auf zwei Böcken, auf denen eine Platte liegt. Dann beginne ich, die Requisiten an Ort und Stelle zu bringen. Zum Schluss folgt der Hero, also die Flasche oder der Drink. Ein Blick durch die Kamera zeigt, wo Handlungsbedarf ist. Hier zeigt sich auch schnell wie sinnvoll es ist, vom Stativ aus zu fotografieren. Zum einen muss ich die Kamera nicht immer irgendwo ablegen, zum anderen ändert sich auch nicht die Aufnahmeposition. So kann ich genauer die einzelnen Elemente positionieren, wo ich sie haben will.

Jetzt wird der Hero präpariert: Rücketikett entfernen. Flasche putzen, Staub entfernen. Möchte ich die Flasche frisch und kalt wirken lassen (wie z.B. bei einem Bier), versehe ich sie mit einem Mattierungsspray und sprühe sie anschließend mit einem Wasser/Glycerin Gemisch ein.

Bier Werbefoto
Für einen frischen Look besprühe ich die Flasche mit einer Mischung aus Wasser und Glycerin. (@David Weimann)

Das Keylight setzen

Wenn alles steht, beginne ich mit der Lichtsetzung. Ich fange immer mit dem Keylight, also dem Hauptlicht an. Dieses sollte den Helden der Geschichte natürlich möglichst vorteilhaft erscheinen lassen. Und hier kommt auch das Pauspapier oder die halbdurchlässige Plexiglasscheibe zum Einsatz. Das Licht des Blitzes mit Softbox (oder aus dem Aufsteckblitz beim Budget-Fotografen), wird hier noch durch diesen zusätzlichen Diffusor gejagt. Das hat den Effekt, dass ich zu superweichen Verläufen in den Lichtkanten auf dem Glas komme. Durch Veränderung von Position und Entfernung der Lichtquelle zum Objekt, kann ich diesen Verlauf genau steuern. Und eine Lichtkante ist essenziell für die Flaschenfotografie. Nur so bekommen wir die nötige Tiefe.

Beverage Fotografie Whisky
Das Licht entscheidet maßgeblich über die Stimmung des Bildes. (@David Weimann)

Etikett beleuchten ohne Reflektionen

Dann setze ich ein Licht für das Etikett. Ich verwende hierzu einen speziellen Lichtformer mit einer Linse, bei dem ich über kleine Schieber den Lichtkegel begrenzen kann. Dieser trifft dann punktgenau da auf, wo ich ihn haben will. Hat man diesen Lichtformer nicht – und ich gehe mal davon aus, dass die meisten so etwas nicht im Equipment haben – kann man auch einfach aus Pappe einen kleinen Tubus formen und diesen auf dem Aufsteckblitz befestigen.

Alternative Option

Eine weitere Alternative ist eine Polarisationsfolie vor dem Blitz und ein Polfilter vor dem Objektiv. Damit kann man ungewollte Reflexionen im Glas durch Drehen des Filters herausfiltern. Der Blitz muss dazu natürlich ziemlich nah an das Etikett, um nicht die ganze Szene mit auszuleuchten.

Stimmung erzeugen mit dem Moodlight

Als Nächstes setze ich das „Moodlicht“. Also alles, was man noch an Lichtstimmung hinzufügen kann. Das kann ein Lichtstreifen sein, der sich über den Hintergrund ergießt oder Licht, das ich durch Blätter jage, um eine Sommerstimmung zu kreieren.

Eine Besonderheit gibt es bei den bereits erwähnten Bierflaschen zu beachten (das gilt übrigens auch für alle anderen lichtdurchlässigen Flaschen). Hier möchte ich, dass das Getränk einen gewissen „Glow“ hat. Das bekomme ich entweder dadurch hin, indem ich einen Blitz hinter der Flasche positioniere (was je nach Szene nicht immer geht) oder aus einer silberbeschichteten Pappe die Form der Flasche ausschneide und diese hinter der Flasche so positioniere, dass sie mein Keylight auffängt und durch sie hindurch wirft.

Was macht man aber, wenn man nicht über so viele Lichtquellen verfügt? Ganz einfach. Eine Aufnahme pro Lichtsituation vom Stativ aus und das ganze dann in Photoshop zusammensetzen. Das bringt mich auch zum nächsten Punkt.

Experimentiere mit Low- und High-Key

Mit gezielter Über- und Unterbelichtung (High- und Low-Key) kannst du besondere Effekte und Stimmungen hervorrufen, die zu deinem Beverage-Foto passen. Lies dazu unsere Anleitung zur Foodfotografie mit High- und Low-Key.

Die Bearbeitung

Bei der Bearbeitung gibt es auch wieder tausend Wege, die ans Ziel führen. Je mehr Zeit ich investiere, desto besser das Ergebnis. Im Gegenteil zur Portrait-Retusche, wo weniger mehr ist, ist bei der Beverage Fotografie mehr mehr. Ich hatte zumindest noch keinen Kunden, der gesagt hätte „oh, das ist aber überretuschiert“. Am Anfang kommt das große Saubermachen. Auch wenn man noch so ordentlich fotografiert, die Baumwollhandschuhe nicht auszieht, alles vorher gewienert hat – irgendwas ist immer im Bild, was dort nicht hingehört. Jedes Staubkorn, Kratzer, Sensorfleck oder Haar wird entfernt. Ich selbst wende immer eine Mischung aus Frequency Separation, Stempel und Reparaturpinsel an. Als Nächstes folgt das unbeliebte aber notwendige Freistellen per Pfad.

Hier trenne ich immer (!) die Flasche vom Hintergrund und das Etikett von der Flasche. Somit habe ich diese beiden Elemente komplett autonom und kann sie nach meinen Vorstellungen noch hervorheben, farblich anpassen oder mit diversen Filtern und Einstellungsebenen verbessern. In diesem Schritt sorge ich auch dafür, dass alle Schriften gut zu erkennen sind und vor allem der Name des Herstellers heraussticht und beseitige eventuelle Falten oder ausgerissene Kanten am Label. Im Finale folgt die generelle Einstellung und das Color-Grading. Hier gehe ich nochmal auf die Zeichnung in Schatten und Lichtern ein und sehe zu, dass alles farblich harmoniert.

Beverage Fotografie Bier
Das Verhältnis zwischen Schatten und Licht kann in der Nachbearbeitung angepasst werden. (@David Weimann)

Fazit: Warum sich die Beverage Fotografie lohnt

Die Beverage Fotografie klingt vielleicht nicht wie der spannendste Fachbereich der Fotografie, bietet aber bei genauerer Betrachtung ungeheuer viel Spielraum für Kreativität. Wer gerne ganze Welten auf dem Aufnahmetisch erstellen und mit seinen Bildern eine Geschichte erzählen will, findet ungeahnte Möglichkeiten zur Gestaltung.

Selbst mit einer Basic-Ausstattung und knappem Budget lassen sich tolle Fotos erstellen. In der Foodfotografie wird oft mit Tricks gearbeitet, die das Essen nachher ungenießbar machen. Im Gegensatz dazu werden in der Beverage Fotografie die Getränke nur selten foodstylistisch präpariert – und irgendwer muss das Zeug ja trinken. Na dann, Salute!

pixolum Autor und Fotograf David Weimann
Über den Autor

„David ist der beste Fotograf der Welt“ – Zitat: Davids Mutter. Sein subtiler Humor, starken Kompositionen, Storytelling, lebendigen Farben und grafischer Stil bescherten ihm viel Aufmerksamkeit und einige Auszeichnungen. Neben der Fotografie ist David stolzer Vater zweier Mädchen, Sci-Fi Nerd, Gitarrist, Weinliebhaber, Hobbykoch und Cineast. Eindrucksvolle Arbeiten findest du auf der Website.

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