Selbstportraits in der Natur | Meine besten Tipps

Warum Selbstportraits in der Natur? Schon hunderte Jahre bevor das Wort „Selfie“ erfunden wurde, war es im Kunsthandwerk und vor allem in der Malerei gängig, Selbstbildnisse zu erstellen. So soll sich zum Beispiel der griechische Bildhauer Phidias schon in der Antike auf einer Statue selbst verewigt haben. Richtig populär wurde das Selbstportrait dann in der Renaissance. Als sich die Menschen vermehrt mit ihrer eigenen Innenwelt auseinandersetzten und im Selbstbildnis auch ein Kommunikationsmittel sahen.

selbstportraits selbstbildnis
(@Anna-Lena Holm Photography)

1 Eine gute Übung

Die Erstellung von Selbstportraits ist also auch heute noch interessant und gerade unter Fotografen sehr beliebt. Insbesondere für noch unerfahrene Fotografen ist das Selbstportrait eine sehr gute Übung, um sich mit allen möglichen technischen und gestalterischen Elementen auseinandersetzen zu können. Zugleich schulst du damit dein Auge für Lichtverhältnisse und geeignete Hintergründe. Sich selbst hat man immer als Model zur Verfügung und noch dazu kannst du ohne Zeitdruck alle deine Ideen ausprobieren.

Vor einigen Jahren experimentierte ich am liebsten mit märchenhaften Inszenierungen, intensiven Farbbearbeitungen und vielen fliessenden Tüchern. Heute versuche ich eher authentische, ruhige Momente der Naturverbundenheit darzustellen und arbeite dabei sehr gerne mit harmonischen Farben und Unschärfen.

selbstportrait im weissen kleid in winterlandschaft
(@Anna-Lena Holm Photography)

2 Perspektivenwechsel

Meiner Meinung nach ist einer der grössten Mehrwerte, dass man auch mal in die Rolle vor der Kamera wechselt. Vielen Kunden ist es bei einem Shooting am Anfang unangenehm vor einer professionellen Kamera zu stehen, besonders wenn sie damit noch keine Erfahrung haben. Grundsätzlich denke ich aber, dass das Erlebnis eines Shootings, sowie die schönen Erinnerungen in Form von Fotografien, vielen Menschen Freude bereitet. Deshalb ist es mir wichtig, meine Kunden schnell über die ersten Unsicherheiten hinweg zu begleiten, damit sie das Shooting geniessen können. Wenn du selbst vor der Kamera stehst, merkst du, auf welche Details du im Posen und in der Kommunikation als Fotograf achten solltest.

Achte darauf, wie du dich selbst zu schönen Posen und insbesondere auch zu Gesichtsausdrücke und Handhaltungen leitest. Es kann auch sehr hilfreich sein, Posen zu Hause vor dem Spiegel auszuprobieren. Mir hilft das sehr, meine Kunden beim Shooting mit klaren Worten anzuweisen.
Anna-Lena Holm

frau steht hinter aesten mit blaetter seitlich
(@Anna-Lena Holm Photography)

3 Erinnerungsstücke

Es kann also auch einfach Spass machen, besondere Ideen für deine Selbstportraits auszuprobieren. Oder vielleicht geht es dir wie mir und du siehst es als eine tolle Möglichkeit, mehr Zeit in der Natur zu verbringen. Das Suchen nach Locations kann sich sogar wie eine Schatzsuche anfühlen und besonders wenn ich im Ausland Selbstportraits in unbekannten Landschaften mache, sind das für mich im Nachhinein sehr wertvolle Mitbringsel.

Dies ist eines meiner Lieblingsbilder. Aus dem einfachen Grund, weil es für mich eine wichtige, persönliche Geschichte enthält. Schon seit 10 Jahren begleitete mich dieser Ort immer in Gedanken und beeinflusste meine Entscheidungen. Den Bryce Canyon dann tatsächlich einmal mit eigenen Augen zu sehen – war einfach unvergesslich.
Anna-Lena Holm

frau posiert in huegellandschaft
(@Anna-Lena Holm Photography)

4 Kommunikationsmittel

Neben der Übung und dem Spass können Selbstportraits aber auch ein Kommunikationsmittel und eine Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit einem Thema sein. Wie schon in der Renaissance, nutzen auch heute noch viele Künstler das Selbstportrait für die Verarbeitung von wichtigen Themen, sowie für die visuelle Darstellung der eigenen Meinung. Für mich war fast von Anfang an das Thema Natur ein zentraler Punkt. So verhalf mir die Fotografie auch, meine eigene Perspektive auf die Natur zu reflektieren und meine Sichtweise zu visualisieren.

Mensch und Natur sehe ich als Einheit, in Harmonie miteinander. Lange war mir selbst nicht klar, ob ich vielleicht nur ein idealisiertes Bild von der Natur im Kopf habe. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema, wurde mir aber klar: Mensch und Natur sind unzertrennlich, denn wir sind nichts anderes als die Natur selbst. Es ist eine Illusion, dass wir uns getrennt von ihr wahrnehmen und meiner Meinung nach, ist diese Wahrnehmung auch mitverantwortlich für die anhaltende Zerstörung unserer eigenen Welt. Den Schaden, den wir unserer Umwelt antun, tun wir auch uns selbst an.

selbstportrait in mitten eines waldes mit gruenem kleid
(@Anna-Lena Holm Photography)

5 Verantwortungsvolles Fotografieren

Da es mein Ziel war, den Wert und die Schönheit der Natur zu repräsentieren und damit einen respektvollen Umgang mit Natur zu inspirieren, möchte ich an dieser Stelle auch noch erwähnen, dass man als Fotograf natürlich auch immer viel Verantwortung trägt. Genauso, wie es leider auch immer noch viele einseitige Schönheitsideale in der Modefotografie gibt oder fragwürdige Abbildungen in der Werbung, so sollte man sich auch bewusst sein, dass auch Fotos mit und von der Natur Auswirkungen haben können.

Beispiel: Wildblumen

Mir öffnete diesbezüglich eine Reise nach Kalifornien die Augen. Dort gibt es nämlich oft im Frühling das Problem, dass Menschen Fotos von sich, umgeben von Wildblumen, auf sozialen Medien posten und damit andere Menschen wiederum animieren, sich auch in die Wildblumen zu legen und sich so zu fotografieren. Bei der riesigen Menge an Menschen kann jedoch innerhalb kürzester Zeit ein nachhaltiger Schaden in der Natur angerichtet werden. Bei jedem Tritt ausserhalb der Wege, werden die Wildblumen etwas mehr verdrängt, bis wieder ein neuer Weg entstanden ist. Von da aus wird wieder abseits der Wege gelaufen und fotografiert, bis irgendwann kaum noch etwas von der ursprünglichen Blumenwiese da ist.

Daher ist es so wichtig, sich bei jedem Foto an die lokalen Naturschutzregeln zu halten und im Idealfall sogar noch einen Schritt weiterzugehen. Eine schöne Herausforderung ist zum Beispiel, ein möglichst idyllisches Selbstportrait hinzubekommen, auf dem man sogar den offiziellen Wanderweg sieht. Wen man an romantische Gemälde zurückdenkt, müsste das doch eigentlich gar nicht so schwierig sein. Dieses Problem ist vielleicht bei uns in der Schweiz nicht in dieser Form so akut, die Problematik ist aber analog zum Beispiel sehr gut bei den beliebten Bildern in Raps- und Sonnenblumenfelder zu sehen. Mithilfe der Fotografie können wir unsere kollektive Wahrnehmung von Ästhetik massgeblich beeinflussen – das sollten wir nicht unterschätzen.

frau haelt zweig in die luft in winterlandschaft
(@Anna-Lena Holm Photography)

Nimm nur was du dringend brauchst

Bevor ich Blätter oder Äste abreisse, schaue ich, ob etwas Passendes vielleicht schon am Boden liegt und wenn ich Blumen brauche, nehme ich nur, was üppig wächst und vielleicht sowieso in einer Woche abgemäht würde. Auch bei anderen Utensilien für das Foto, versuche ich in Gedanken an die Umwelt, Ressourcen zu sparen. Wenn möglich, kaufe ich sowohl Equipment als auch Kleidung Second Hand oder mache etwas aus dem, was ich sowieso schon habe. Das sieht man zwar nur bedingt auf dem Foto, aber für mich persönlich gehört das zur Message, die ich mit den Bildern übermitteln möchte.

selbstportraits in winterlandschaft mit kleid und blaetter in der hand
(@Anna-Lena Holm Photography)

6 Idee & Inspiration

Falls du vielleicht noch kein Thema für deine Selbstportraits gefunden hast, mit dem du dich auch fotografisch auseinandersetzen möchtest oder falls du die Selbstportraits auch einfach zur Übung machen möchtest, gibt es verschieden Dinge, die du ausprobieren kannst.

  • Als Licht&Technik Übung ist es oft sehr hilfreich, wenn du versuchst, dich von anderen Fotografen oder auch von der Malerei inspirieren zu lassen. Versuche auch mal, ein Portrait so genau wie möglich und mit dir selbst als Model zu kopieren.
  • Die Idee für eine Bildreihe könnte etwas Simples sein wie das Erstellen eines Selbstportraits in jeder erdenklichen, natürlichen Lichtsituation. Oder aber etwas komplexer, wie zum Beispiel, wenn du deine eigene Rolle im Ökosystem bildlich darstellen würdest.

Im Fotografie-Studium waren Selbstportraits oft Thema und Grundlage für verschiedene Übungen. Bei diesem Bild war die Aufgabe, sich selbst möglichst authentisch in eine spezifische Menschengruppe oder Ethnizität zu versetzen – trotz unseres vielleicht unpassenden Aussehens. Sehr beeindruckend sind zu diesem Thema zum Beispiel die Fotos der koreanischen Fotografin Nikki S. Lee.

frau mit stammesbemalung im gesicht auf magazin cover
(@Anna-Lena Holm Photography)

7 Location

Unsere Fotoausrüstung

Du fragst dich mit welcher Ausrüstung wir fotografieren? Hier findest du unser Equipment.

Ausrüstung anzeigen

Über die Jahre habe ich gelernt, die Schönheit der Natur auch an den unscheinbarsten Ecken wahrzunehmen. Tatsächlich brauchst du keine atemberaubende Kulisse oder ein Meer aus bunten Blumen, um eine tolle Location zu haben. Schau dich in deiner Umgebung um, versuche dir vorzustellen, wie du mithilfe der fotografischen Gestaltungsmittel das Beste herausholen kannst. Oft reicht schon ein einzelner Busch mit Beeren oder Blüten, ein umgefallener Baum, eine besondere Perspektive oder einfach mystisches Wetter, um den Hintergrund in deinem Selbstportrait magisch wirken zu lassen.

Das Setting vor diesem Eichenbaum ist wirklich sehr simpel. Mystisch wird es erst durch den Nebel im Morgenlicht und durch die herbstliche Färbung der Blätter. Der Zeitpunkt der Aufnahme kann also genauso grossen Einfluss auf die Bildwirkung haben, wie der Ort selbst.
Anna-Lena Holm

frau mit blauem tuch vor einem baum posierend
(@Anna-Lena Holm Photography)

8 Natürliches Licht

Beim Einsatz von Licht sind dir in der Natur fast keine Grenzen gesetzt. Du kannst natürlich auch Blitze mit nach draussen nehmen und das Licht genau nach deinen Vorstellungen gestalten. Ein besonderer Reiz an der Fotografie in der Natur war für mich aber immer, dass man sich an die vorhandenen Lichtverhältnisse anpassen muss. Ich habe oft einen Reflektor dabei, um eine Situation aufhellen oder abschatten zu können. Meistens kommt er aber nicht mal zum Einsatz.

frau steht in mitten von berglandschaft selbstportraits
(@Anna-Lena Holm Photography)

9 Equipment

Für das Aufnehmen von Selbstportraits gibt es mittlerweile viele tolle Systeme. Bei Kameras mit WLAN kannst du über eine App mittlerweile sogar die Einstellungen und den Bildausschnitt auf dem Smartphone kontrollieren und natürlich auch auslösen. Aber auch ein normaler, kabelloser Selbstauslöser verringert das Hin- und Herspringen zwischen Kamera und Kulisse enorm.

Wenn du ein genaues Bild vor Augen hast und deshalb nicht lange experimentieren musst, kannst du dir natürlich auch ein Mensch als Stativ zur Hilfe nehmen. Solange du die gestalterischen und technischen Entscheidungen triffst und die Person hinter der Kamera nur noch abdrücken muss, bleiben auch sämtliche Urheberrechte bei dir. Der Auslösende ist somit offiziell „Lichtbildner/In“ und du bleibst der Fotograf des Bildes. Trotzdem ist es vielleicht sinnvoll, dies kurz zu klären – besonders wenn die andere Person auch Fotograf ist.

10 Bis ins Detail

Überlege dir, welche gestalterischen Elemente deine Aussage für die Selbstportraits am besten unterstreichen. Was ist wichtig? Wie soll der Charakter wirken? Hilfreich ist auch umgekehrt zu denken. Welches Element auf dem Bild ist eigentlich nichtssagend und somit störend? Kannst du diese überflüssigen Elemente eliminieren oder möglichst unscheinbar machen?

Zum Beispiel: Du möchtest ein Foto machen, das etwas zum Thema Naturverbundenheit sagt. Sei dir bewusst, dass dabei jedes Element eine Aussage hat.

  • Steht der Charakter vor der Natur, die dann als eine Art Bühne agiert?
  • Ist der Charakter so in die Natur integriert, dass man ihn kaum wahrnimmt?
  • Ist die Pose verschränkt und steif oder fliessend und natürlich?
  • Trägt der Charakter Make-up? Wenn ja, warum?

Mache dir die gleichen Überlegungen zu Kleidung, Licht, Wetter, Tiefenschärfe, Bildausschnitt etc. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Bearbeitung. Braucht die Bildaussage viel Kontrast oder doch eher eine Vintage Bearbeitung? Im Fotografie-Studium wurden wir bei der Besprechung unserer Bilder andauernd gefragt: „Warum hast du dich für dieses Detail entschieden?“. „Warum hat der Charakter blonde Haare?“. Wenn wir keine Antwort hatten oder uns herauszureden versuchten, war klar: Wir hatten uns nicht genug Gedanken zur Umsetzung gemacht.

Bei diesem Bild wollte ich ein aktuelles Selbstportrait machen – mit Korb, da ich sehr gerne Wildkräuter sammle. Leider fiel mir erst im Nachhinein auf, dass mein Wildkräuterkorb leer ist. Das ergab für mich keinen Sinn und ich ärgerte mich, dass ich daran nicht schon beim Fotografieren dachte. Der Teufel steckt im Detail!
Anna-Lena Holm

selbstportrait im wald mit korb in der hand
(@Anna-Lena Holm Photography)
pixolum Autor und Fotograf Anna-Lena Holm
Über den Autor

Mit Selbstportraits hat Anna-Lena Holm schon ab dem Alter von 13 Jahren den Einstieg in die Fotografie gefunden und sie hat dabei über die Jahre sehr viel zur Technik und Gestaltung gelernt. Seit ihrem Fotografie-Bachelorabschluss in Hamburg vor 2 Jahren, lebt Anna-Lena nun wieder in ihrer Heimat, der Schweiz und fotografiert sowohl für Privatkunden, als auch für Firmen und Verlage. Ihr Schwerpunkt liegt in den Bereichen Outdoor-Shootings und Hochzeiten, sowie Werbung für nachhaltige Produkte, Food Fotografie und Reportagen. Eindrucksvolle Arbeiten findest du auf der Website.

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