Gelungene Nahaufnahmen von Pflanzen mittels Focus Stacking

Generell kommt jede Kamera für die Pflanzenfotografie infrage. Mit Techniken wie dem Focus Stacking können einzelne Pflanzenteile detailreich in Nahaufnahmen abgelichtet werden. Alles, was es dazu braucht, sind technisches Knowhow und ein wenig Kreativität.

Pflanze Anemone fotografieren
Staubgefäße einer Anemone (Marzena P. auf Pixabay)

Um schöne Fotos von Blüten, Blättern und Pflanzenteilen aufzunehmen ist keine weite Reise notwendig. Oft reicht es schon, ein paar Schritte in den eigenen Garten oder hinaus in die Natur zu gehen. Die Möglichkeiten, ein attraktives Pflanzenmotiv zu finden, sind vielfältig. Mit der Kamera lassen sich Pflanzen bis in die kleinsten Details hinein darstellen: ein elegant geschwungener Blütenkelch, an dem ein Wassertropfen abperlt, ein tief eingefräster Blattrand oder durchscheinende feinste Blattadern im Sonnenlicht.

Wer Linien, Strukturen und Farbspiele mit in das Foto einbezieht, erweitert die kreativen Möglichkeiten um ein Vielfaches. Mittels Focus Stacking ist es möglich, diese feinen Strukturen fotografisch festzuhalten und bis ins kleinste Detail scharf abzubilden.

Das Alltägliche zum Star machen

Soll das Pflanzenfoto als Dokumentation der Natur dienen, einem künstlerischen Anspruch genügen oder einfach die wunderbare Schönheit der Schöpfung abbilden? In Abhängigkeit vom Ziel des Fotos sind zum Teil recht umfangreiche Kenntnisse der Botanik erforderlich. Wer ein Foto veröffentlicht, sollte mindestens darüber Auskunft geben können, um welche Pflanzen es sich überhaupt handelt. Allerdings spielen botanische Kenntnisse in Zusammenhang mit künstlerischer Pflanzenfotografie eine eher untergeordnete Rolle. Über die folgende nützliche App können Pflanzen erkannt und benannt werden:

Pl@ntNet Pflanzenbestimmung
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Entwickler: PlantNet
Preis: Kostenlos
‎PlantNet
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Entwickler: Cirad-France
Preis: Kostenlos

Der Trick bei dieser Art der Fotografie ist, dass ein eigentliches Allerweltsmotiv nunmehr in den Fokus gerückt und der Blick auf ein kleines, besonderes Detail der ausgewählten Pflanze gelenkt wird.

  • Wie sehen die jungen Blütenblätter eines Gänseblümchens im Morgenlicht aus?
  • Wie stellen sich die Hüllblätter der prallen Knospen der Dahlie kurz vor der Öffnung dar?
  • Und wie halten sich die Sporen eines Farns an der Unterseite des Blattes fest?

Um solche Details zugänglich zu machen braucht es fotografisches Wissen, bspw. über die Funktionsweise des Focus Stackings, und passendes Handwerkszeug. Dann lässt sich ein wirkungsvolles dreidimensionales Betrachtungserlebnis kreieren.

Wie wähle ich das Motiv aus?

Die Motivauswahl ist Geschmacksache und hängt auch von der Situation ab, in der sich der Fotograf befindet. Dankbare Orte für Pflanzenfotografie sind aufgrund ihrer Artenvielfalt botanische Gärten, Naturschutzgebiete oder Baumparks wie das Arboretum Ellerhoop-Thiensen in Norddeutschland.

Bei der Pflanzenfotografie könnte eine komplette Pflanze an ihrem Standort, Pflanzengruppen in ihrer Vergesellschaftung oder im Gegenteil, einzelne Blüten, Blütenblätter oder sogar winzige Staubgefäße herausgegriffen werden. Es gibt einige Grundregeln zu beachten, damit das Foto eine gute Wirkung erzielt. In der Pflanzenfotografie stören häufig Elemente im Hintergrund die gesamte Bildkomposition. In einem botanischen Garten könnte das die Pflanzenbeschriftung sein, in der freien Natur wuchernde Sträucher im Hintergrund, im Garten Zäune, Spielgeräte oder Hauswände. Selbst andere Pflanzenteile, Unkräuter oder steinige Böden können die Bildharmonie empfindlich stören.

Der Fotograf sollte deshalb mit Ruhe auf Motivsuche gehen und den gewählten Bildausschnitt auf sich wirken lassen. Dabei ist es ratsam, den Bildausschnitt zu variieren und verschiedene Positionen auszuprobieren. Das kann mitunter bedeuten, sich auf die Knie zu begeben, Blüten von unten zu fotografieren, frontal oder schräg von oben. Fotografen, deren Kameras ein schwenkbares Display aufweisen, haben es dabei einfacher.

Bei der Fotografie von oben besteht die Gefahr, dass der dunkle Boden unruhig im Hintergrund stört – Erde und Unkraut wirken leider nicht sehr dekorativ. Um diese störenden Elemente buchstäblich auszublenden, kann es hilfreich sein, die Schärfentiefe zu minimieren.

Lotuseffekt Pflanzenfotografie
Der Lotuseffekt in Großaufnahme.

Ab wann ist ein Pflanzenfoto ein Makrofoto?

Ab wann ein Pflanzenfoto ein Makrofoto ist, hängt von der Nähe zum Motiv ab. Wenn der Blütenstand einer Sonnenblume komplett fotografiert wird, wäre das noch keine Makrofotografie. Hingegen wäre es unter Makrofotografie einzuordnen, wenn ein einzelner Sonnenblumenkern aus der Mitte des Blütenstandes mit all seinen Details dargestellt werden würde. Die Makrofotografie definiert sich über das, was sich dem Betrachter auf dem Bild erschließt, was im Alltag aufgrund seiner Winzigkeit normalerweise verborgen bleibt.

Focus Stacking: faszinierende Tiefenschärfe in der Makrofotografie

Für messerscharfe Fotografie mit großer Schärfentiefe ist Focus Stacking (eine Art der Bracketing Technik) eine tolle Möglichkeit.

Was ist Focus Stacking?

Focus Stacking ist eine Technik, mit welcher das gewählte Motiv mehrfach hintereinander fotografiert, wobei der Fokuspunkt jeweils minimal verändert (nach hinten geschoben) wird. Später werden alle Einzelbilder zu einem einzigen, scharfen Bild zusammengeführt.

Die Aufnahmen werden technisch gesehen übereinandergelegt, wobei die aneinandergereihten Fokuspunkte der Aufnahmen eine extreme Schärfe bis in die Tiefe ergeben. Der Profifotograf und Produktspezialist bei Fujifilm Nathan Wake erläutert ausführlich, wie das Set-Up für gelungene Focus-Stacking-Aufnahmen aussehen muss und welche Ausrüstung sich empfiehlt. Anhand von Foto-Beispielen zeigt er auf, welche Wirkung sich mit gestapelten Aufnahmen im Rahmen der Focus Stacking Technik erzielen lässt.

Einsteigertipps für gute Makrofotos mittels Focus Stacking

Unsere Fotoausrüstung

Du fragst dich mit welcher Ausrüstung wir fotografieren? Hier findest du unser Equipment.

Ausrüstung anzeigen

Welche technischen Voraussetzungen für eine gelungene Makrofotografie eine Rolle spielen, wird im Beitrag Makrofotografie – 10 Tipps und Ausrüstung Nahaufnahmen beschrieben. Über die Technik hinaus aber braucht es etwas Fingerspitzengefühl, eine gute Portion Geduld und Experimentierfreude, um gelungene Fotos mit dem gewonnenen technischen Knowhow zu bekommen. Die folgenden 3 Tipps sollen helfen, rasch die ersten zufriedenstellenden Fotos zu machen:

#1 Gutes Licht ist wichtig

Natürlich spielt Licht immer eine wichtige Rolle in der Fotografie. In der Makrofotografie ist die Gewichtung noch stärker. Platt gesagt: Für ein richtig gutes Foto braucht es richtig gutes Licht. Mit „gut“ ist diffus oder weich gemeint. Diffuses Licht umgibt ein Blütenmotiv sanft und leuchtet es gleichmäßig aus. Mit dem richtigen Licht lässt sich das zarte Motiv ausgewogen abbilden. In der Makrofotografie ist wie so oft die knallige Mittagssonne kein guter Berater. Ein empfehlenswerter Zeitpunkt für die Makrofotografie in der Natur ist kurz nach Sonnenaufgang oder kurz vor Sonnenuntergang. Alternativ dazu hilft ein Diffusor. Als dritte Möglichkeit für gutes Licht könnte der Fotograf die direkte Bestrahlung seines Motivs durch einen Diffusor ( z. B. ein halbtransparenter Sonnenschirm) unterbrechen.

#2 Einen ungewöhnlichen Blickwinkel wählen

Am einfachsten ist es eine schöne Blüte sicher auf zwei Beinen stehend von oben herab abzulichten. Doch diese Perspektive ist schlicht zu langweilig für Makrofotografie, weil nicht von der alltäglichen Wahrnehmung abgewichen wird. Wir sind es gewohnt, kleine Dinge von oben zu betrachten. Spannender werden Motive, wenn sich der Fotograf beispielsweise auf Augenhöhe mit dem kleinen Motiv begibt oder statt von oben nach unten, von unten nach oben fotografiert.

#3 Ein freigestelltes Motiv fotografieren

Wie oben beschrieben ist Focus Stacking eine Möglichkeit, ein komplettes Motiv bis in die Tiefe scharf abzubilden. Gleichzeitig wird der Hintergrund weich gezeichnet und störende Objekte werden ausgeblendet. Doch nur weil ein Motiv durchgängig scharf ist, ist es noch lange kein gutes Foto. Ein wenig mehr Kreativität und Spiel mit der Schärfe verhelfen zu einem attraktiven Motiv.

Für den Betrachter ist ein Bild stimmiger, das zwar im Vordergrund sehr scharf aber im Hintergrund etwas unscharf ist, weil dies der eigenen Wahrnehmungen am nächsten kommt. Ein „zuviel“ an Focus Stacking sorgt für einen unnatürlichen Eindruck, was im Widerspruch zum natürlichen Motiv steht – gleichwohl auch das spannend sein kann.

Einsteiger sollten einmal ausprobieren, das Motiv freizustellen. Das bedeutet, dass das ausgewählte Pflanzendetail aus dem Hintergrund hervorgeholt wird, um den Fokus auf sich zu ziehen. Dieser Effekt lässt sich erzielen, wenn mit der Offenblende gearbeitet wird. Dabei ist das Motiv gerade noch scharf, der Hintergrund aber wird unscharf.

Die Kunst liegt darin, die ganze Blüte auch in der Tiefe scharfzustellen (mit Focus Stacking), den Hintergrund aber unscharf zu halten.

2 Gedanken und Fragen

  1. Jana

    Ich fotografiere Pflanzen und Blumen für mein Leben gern und kann dir nur zustimmen, dass man hierfür auch mal in die Knie bzw. mit ihnen auf Augenhöhe gehen sollte. Den Begriff „Focus Stacking“ kannte ich zwar bis eben noch nicht, klingt aber interessant! Mal schauen, ob dich das auch mit meiner Technik ausprobieren kann!

    Liebe Grüße
    Jana

    Antworten
  2. Anja

    Lieber Patrick,
    wow, von Focus Stacking hatte ich bislang noch nichts gehört. Wahnsinn, was technisch inzwischen möglich ist. Dass dabei ein Motiv mehrfach hintereinander mit verändertem Fokuspunkt abgelichtet wird, ist in der Tat raffiniert.
    Herzlichen Gruß
    Anja

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